Regenzeit

» gepostet am Datum26.03.07 um Zeit18:35 Uhr

Es regnet. Der Himmel ist dunkel, tiefgrau, beinahe schon schwarz. Es windet stark, beinahe könnte man von einem Sturm sprechen, der Regen prasselt nur so herunter. Palmen und Bäume werden wild hin- und her geschüttelt, dicke Tropfen fallen von ihren Blättern und Ästen. Gerade kommt Danielle herein, klitschnass, und lacht. Danielle ist Ghanaer, einer unserer Betreuer, und dass ich ihn jemals klitschnass erleben würde, hätte ich nicht erwartet. Jedenfalls nicht vom Regen.

Doch es scheint tatsächlich, als würde langsam die Regenzeit einsetzen, die eigentlich schon längst hätte beginnen sollen. Aber wie auch die gesamte Bevölkerung schert sich auch das Klima nicht sonderlich um genaue Termine, und so geht es eben erst jetzt los mit der Regenzeit. Fast schon gemütlich, wie zu Hause, hier im Trockenen zu sitzen und sich draußen zu betrachten, wie langsam alles in ein nasses Kleid getaucht wird, das beruhigende Geräusch des prasselnden Regens, die unverkennbare Frische und Feuchte in der Luft. Hätte ich nicht schon eine leichte Erkältung, könnte ich mich glatt rausstellen.

Heute morgen hingegen von Regen keine Spur: Die gewöhnliche Hitze, Sonnenschein, wenn auch ein paar kleine Wölkchen am Himmel. Anas, zwei andere Deutsche und ich auf dem Weg zum Friseur. Muss ja auch mal sein, und wieso nicht heute. Der "Barber Shop" sieht ähnlich aus wie ein Friseur bei uns. Aber auch nur ähnlich. Es ist ein kleiner Raum, vielleicht zehn Quadratmeter, mit Wohlwollen. An der Wand hängen drei Spiegel, der vierte ist kaputt, die anderen verdreckt, teilweise haben sie Risse, nur einer scheint intakt zu sein, doch auch er ist übersät mit Fingerabdrücken und Dreckspuren. Überall im Raum verteilt liegen Kämme, Rasierer, Haarschneidemaschinen. Eine Halogenleuchte an der Decke flackert ab und zu auf, geht wieder aus, geht wieder an. Aber eigentlich reicht das Tageslicht auch vollkommen aus. Von dem kleinen Fitnessstudio gegenüber tönt Sean Paul herüber. Auch das Fitnessstudio sieht eigentlich so aus wie bei uns - nur etwas älter, etwas dreckiger, etwas rustikaler. Aber das Prinzip ist doch überall dasselbe.

"You look like Schweinsteiger!", sagt der Friseur zu mir und freut sich. "He is a very good player." Ich bestätige ihm das und behalte für mich, dass es zwischen mir und Bastian Schweinsteiger wahrscheinlich doch den ein oder anderen, äußerlichen Unterschied gibt. "My favourite player is Podolski!", sagt er und freut sich noch mehr. Ich sage ihm, dass ich Podolski auch mag, sehr netter Typ, sage ich, wenn auch nicht der hellste, aber das sage ich nicht. Für 10.000 Cedi, also etwa einen Euro, verpasst mir der Friseur einen Maschinenschnitt, den ich in Deutschland auch nicht besser bekommen hätte. Dafür aber für den etwa siebenfachen Preis.

Sobald man hier verrät, woher man kommt, wird man auch oft einfach mal gefragt: "Do you know Ballack?" Und man muss dann versichern, dass man ihn kennt, aber nicht persönlich, und dann sind manche enttäuscht, aber "Ballack is my favourite player" und "Germany is the best country in the world", ja ja, natürlich. Am Samstag hatte ich ja das Glück, einem vernünftigen Fußballspiel beiwohnen zu dürfen, nämlich als der Enquirer sich gegen TV3 und den "Heritage" durchsetzen konnte. Richtig professionell, alle mit Trikots, sogar das Fernsehen war da, also auch mit Kameras, nicht nur mit Trikot und Stollen. Ich selbst habe mich allerdings auf Sportfotografie beschränkt, und das war auch ganz gut so, der Enquirer hatte nämlich schon einen Torwart, und ich bezweifle, dass ich in seiner Stellung ebenso gut hätte bestehen können. Nachdem die Spiele vorbei waren und der Enquirer den Sieg davongetragen hatte, gabs in der Redaktion Reis, Chicken, Banku, Fisch und Sauce für alle. Und Red Bull, eisgekühlt, das ganze Event wurde nämlich von Red Bull gesponsert, zumindest glaube ich das. Richtig mit Sponsoren, wie bei uns. Man kommt schon viel rum, mit der Zeitung.

Den Sonntag habe ich hauptsächlich zuhause verbracht, gelesen, dank Husten und Schnupfen wollte keine wirkliche Lust auf irgendwelche Unternehmungen aufkommen. Eine Erkältung in Afrika, schon bescheuert irgendwo, durch die hin und wieder vorkommenden, klimatisierten Räume und Schweiß aber schon mal möglich. Und solange es bei Erkältung bleibt und keine Malaria eintritt, wieso denn auch nicht.

Nun ist fast eine halbe Stunde vergangen, und es regnet noch immer. Es scheint nicht einmal weniger geworden zu sein. Und gestern hat Anas unseren ganzen Garten bewässert, weswegen wir jetzt kaum noch Wasser haben. Auch ziemlich bescheuert. Aber das macht nichts, das kann man ja nicht vorher wissen. Eigentlich ist Regen ja eine willkommene Abwechslung hier. Deswegen sollte man ihm auch nicht böse sein. Nur regnet es hoffentlich am Mittwoch nicht, da hab ich nämlich Halbzeit. Sechs Wochen vergangen - sechs Wochen noch vor mir. Und am Mittwoch gibts Halbzeitpizza. Und zwar bei Sonnenschein. Schließlich sind wir hier immer noch in Afrika. "Schwarzer Kontinent" sollte sich ja nun wirklich nicht auf die Farbe der Wolken beziehen.





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